Geschichte

Die Anfänge des Donauhort

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Festschrift zum 140-jährigen Jubiläum des WRV Donauhort im Jahr 2007. Zusammengestellt aus alten Jahresberichten, teils wörtlich übernommen.

Die Anfänge des Donauhort gehen auf die Jahre vor 1874 zurück. Damals traf sich eine Gruppe junger Männer zum Zillenfahren im Wiener Prater, einer damals traumhaften Aulandschaft, an einem toten Donauarm, dem „alten Donaukanal“. Zillen, Ruder und sonstige Utensilien wurden unter der Tribüne des Jockeyclubs, des späteren Trabrennplatzes, untergebracht, ganz in der Nähe des Lusthauses. „Die Freunde hielten fest zusammen, andere schlossen sich ihnen an, eine zweite Zille wurde gekauft, und als sie im Jahre 1864 ein für zehn Riemen eingerichtetes zweimastiges Riemenboot, die MÖVE, erwarben, welches auch weite Excursionen auf die große Donau ermöglichte, wählten sie für ihre Verbindung den stolzen Namen DONAUHORT.“ 1864 ist somit das eigentliche Gründungsjahr des Donauhort.

Im Jahre 1867 haben die Herren Rudolf Grutsch, der künftige Präsident, Felix Adler, Carl Fuchs, Ludwig Radinger und Carl Hlawenitzka die Statuten nach dem neuen Vereinsgesetz bei der Wiener Statthalterei eingereicht. 1867 wurde auch das erste richtige Ruderboot, die FREUDENAU, von zwei Mitgliedern gebaut. Der Raum unter der Tribüne genügte nicht mehr und der Drang an den Hauptstrom wurde immer stärker, so dass man zu einem Zillenvermieter am Kaiserwasser übersiedelte, einem früheren Hauptstrom der Donau.

Erstes Vereinshaus

Das erste Vereinshaus wurde 1869 am Kaiserwasser in der Nähe des damaligen städtischen Freibades errichtet, nachdem das Mitglied Carl Fuchs das notwendige Geld vorgestreckt hatte. Heute muss man sich den Standort auf der Donauinsel, stromauf neben der Reichsbrücke vorstellen. Das erste Mal wehte die rote Donauhortflagge mit den zwei weißen gekreuzten Balken (Riemen).

Das Leben im Verein war ein idyllisches. Nur 20 Minuten vom Praterstern entfernt, war man doch so abgeschieden, als wäre man meilenweit von jeder Zivilisation entfernt. Die Lust und Liebe zum Sport ging so weit, dass man auf dem bloßen Bretterboden im Clubhaus schlief, um am frühen Morgen im Boot sitzen zu können. Da die Anschaffung englischer Boote zu teuer war, ließ Grutsch in einer landwirtschaftlichen Fabrik in Wien 4 Vierer, 2 Zweier und 3 Einer bauen. Die Mitgliederzahl wuchs so rasch, dass bereits nach einem Jahr eine Erweiterung des Klubhauses erfolgte. Die Tagesziele waren damals zunächst Nussdorf, Klosterneuburg, Korneuburg, Kritzendorf und Stockerau. Es wird von einer Fahrt am Ostersonntag 1871 berichtet mit einer Mannschaft aus den stärksten und ausdauerndsten Ruderern, die um 1/2 4 morgens die Fahrt antrat und nach 8 1/4 Stunden glücklich in Tulln ankam. Die Rückfahrt nahm 2 1/2 Stunden in Anspruch.

Mit Reichsgesetz vom 8.Febr. 1869 wurde die Regulierung der Donau von Nussdorf bis Fischamend beschlossen und im Sept. 1871 erhielt der Donauhort die Kündigung. Der Bau des neuen Donaubettes mit dem Inundationsgebiet und den beidseitigen Dämmen und Kaianlagen dauerte von 1870 bis 1875.

Zweites Vereinshaus

Wieder war es Grutsch, der einen Pachtgrund in den Kaisermühlen ausfindig machte. Die Lage war prachtvoll, zwischen dem Ausfluss des Kaiserwassers und dem Dampfschiffhafen gelegen, von hohen Bäumen beschattet, von Wiesen und Auen umgeben. Heute muss man sich die Lage am Kaisermühlenufer der Alten Donau, nahe der Brücke zum Gänsehäufel, vorstellen. Aber die Zu- und Abfahrt vom Anlegefloß war nicht ganz ungefährlich wegen der starken Strömung und der Schiffsmühlen, Dampfer und Schleppkähne, die ober- und unterhalb des Floßes verankert waren. 1872 wurde das neue Klubhaus fertig, ein wesentlich größerer und schönerer Bau im Schweizer Stil, mit getrennter Dienerwohnung. Grutsch gelang es, die erforderlichen Mittel von über 4500,- Gulden unter den größtenteils noch jungen Mitgliedern aufzutreiben. Aber damit nicht genug – gleichzeitig mit dem Neubau wurden 2 Vierer in England bestellt, die FREYA und der FRO. Der Bootspark bestand nun aus 7 Vierern, 5 Zweiern, 3 Einern, 1 Kanu und 4 Privatbooten.

Erste Siege

Am 15. Sept. 1872 fand das erste Rennen statt, ein Match im Vierer, gegen LIA, das Donauhort gewann. Im folgenden Jahr siegten 1 Vierer und 1 Zweier bei der Schützenregatta in Wien und am 24. Mai 1874 siegten 2 Vierer, das Auslegerboot FRO und das Dollenboot LOKI bei der internationalen Regatta in Budapest. Die Boote wurden damals mit dem Dampfer nach Budapest transportiert. Damit begann die rennsportliche Karriere des Donauhort, der in den folgenden Jahrzehnten zum führenden Ruderverein der Monarchie wurde.

Geselligkeit

Die Donauhortler wussten auch schon damals Feste zu feiern: bereits 1870 gab es beim Bootshaus ein hübsches Fest mit obligatem Kränzchen. Besonders zu erwähnen sind die „Indianernacht“ (1875) und die „Venezianische Nacht“ (1876). Die Wiener Zeitungen feierten letztere als etwas noch nie da Gewesenes. Die Gäste wurden auf einem mit vielen 100 Lampen geschmückten Floß, von einem Doppelschiff gezogen, vom Festplatz zur Militärschießstätte gebracht, umschwärmt von unseren pfeilschnell dahin schießenden Booten. Auch im Winter fanden gesellige Veranstaltungen statt, ein Kostümkränzchen bei Tauber 1875 und ein Ball in den Blumensälen 1876. Nach dem Rudern pflegte man im nahe gelegenen Fischer`s Ufergasthaus einzukehren, wo es mittwochabends musikalische Darbietungen gab. Es wurde sogar eine Klubzeitung herausgegeben, „Der neue Vampum“, mit poetischen Ergüssen und einer Gegenschrift mit unbarmherzigen, sarkastischen und witzigen Beiträgen. Als 1876 bekannt wurde, dass, entgegen der ursprünglichen Absicht, nun auch das untere Ende des alten Strombettes oberhalb der Stadlauer Brücke durch einen Damm abgeschlossen werden sollte, reifte die Erkenntnis, dass eine sportliche Zukunft nur möglich sei, wenn man den Standort des Donauhort an das neue Strombett verlegt. Nach Fertigstellung der Donauregulierung war eine Ruderfahrt nach Nussdorf und weiter stromauf sehr mühsam. Entweder ging es über die Mündung der Alten Donau in den Strom mit einem großen Umweg oder mit beschwerlichem Übertragen der Boote über Steindämme in Floridsdorf. Jedenfalls dauerte eine solche Fahrt bis Nussdorf 2 1/2 bis 3 Stunden.

Drittes Haus am Nussdorfer Sporn

Der Übersiedlungsgedanke stieß jedoch auf größten Widerstand. Die Ufer des neuen Stromes waren öde Steindämme, Sand- und Schotterwüsten, statt anmutiger Ufer, grüner Auen und Wiesen. Grutsch war ein unermüdlicher Vorkämpfer für die Übersiedlung und hat sie dank seiner Überredungskunst auch durchgesetzt. Nachdem er den Platz am Nussdorfer Sporn ausfindig gemacht hatte, gewann er im Verein die Majorität für seinen Plan. Aber der Donauhort schlitterte in eine nicht nur finanzielle Krise, denn die Mitgliederzahl war auf 30 gesunken. Nur dem Eingreifen der Mitglieder Tambosi, Paget und Robert Freiherr von Walterskirchen war es zu verdanken, dass die finanziellen Schwierigkeiten behoben werden konnten. Schließlich wurde im Frühjahr 1877 das neue Klubhaus mit Turm bezogen, das nach den Plänen des Mitglieds Napoleon von Navarski erbaut wurde. Zunächst war nur die Hälfte des Erdgeschosses Bootsraum, die andere Hälfte Werkstätte. Einen Diener konnte man sich noch nicht leisten. Vom neuen Haus entwickelten sich die sportlichen Aktivitäten weiter. Am 18. Aug. 1878 gewann ein Vierriemer des Donauhort bei der Regatta in Gmunden, ein 1. Vierer, Einer und Kanu am 24. Sept. 1879 bei der Regatta in Deggendorf. Im gleichen Jahr, am 1. Aug., ruderte ein gesteuerter Vierer mit Heinrich Hintermann bei größter Hitze von Nussdorf nach Hollenburg und zurück, von 3 Uhr früh bis Mitternacht. Wiederholt wurden Zwentendorf und Altenwörth erreicht. Der Verein wuchs und 1880 hatte der Donauhort 49 Mitglieder. Eine separate Werkstätte wurde gebaut (jetzt Fitnessraum), so dass das ganze Erdgeschoß für Boote zur Verfügung stand. 1881 wird von 70 ausübenden Mitgliedern und erstmals von 44 „beitragenden“ Mitgliedern, davon 5 Frauen, berichtet. Dieses Jahr war überhaupt sehr ereignisreich. Schon im Winter verhandelte der Donauhort mit den Vereinen LIA, PIRAT und TURNER-RUDERCLUB, was zur Gründung des „Wiener Regattacomitees“ führte (später Wiener Regattaverein), unter der Ehrenpräsidentschaft des Grafen Alfred von Harrach und unter der Leitung von Dr. Richard Foregger, dem damaligen Präsidenten des Donauhort. Die erste große Veranstaltung dieses Comitees war eine große Wiener Ruderregatta auf der jetzigen Alten Donau, mit einem Sieg des Donauhort im Vierer. 5 Tage vorher fand das von Herrn Victor Silberer (Herausgeber der Allgemeinen Sportzeitung) gestiftete „Rudern um die Meisterschaft auf der Donau im Einer“ statt, vom Kahlenbergerdorf 6000 m stromab. Heinrich Hintermann gewann dieses Rennen überlegen in 14 Min. und 53 Sek. gegen GERMANIA/Frankfurt und LIA.

Ein besonderer Höhepunkt war das legendäre amerikanisch-österreichische Match im Vierer ohne Stm. am 11. Aug. 1881.  Mit drei neuen Clubhäusern und 4 Übersiedlungen waren diese ersten Jahre eine enorme Herausforderung für alle Mitglieder. Gleichzeitig konnten hervorragende sportliche Leistungen erzielt werden und es entwickelte sich ein reges Vereinsleben mit bemerkenswerten gesellschaftlichen Veranstaltungen.

Walter Grohmann