Ich weiß nicht, wie viele Rowing Challenges ich schon hinter mich gebracht habe, aber die Zahl wird sich langsam dem runden Dutzend nähern. Rudern ist im Allgemeinen ein qualvoll aufwendiger Wettkampfsport, wobei die Nerven am empfindlichsten von Bootstransport und Teamkoordination beansprucht werden. Will heißen, wenn es denn einmal einen Bewerb in Wien gibt, macht man ihn auch. Dass bei einer solchen Anzahl sich überlappender Reminiszenzen die Erinnerungen ineinander verschwimmen, ist klar. Ich hatte bei vergangenen Rowing Challenges schon Schreiduelle, Zusammenstöße und sich über Jahre ziehende Rivalitäten – ich habe Bojen verpasst, Wasservögel delogiert und betrunkene Tretbootfahrer wesentlich besser kennen gelernt, als ich es wollte. Mit einem feinen Sammelsurium an gedanklichen Souvenirs habe ich auch meine neue Partnerin im Doppelzweier, Viktoria, gleich auf diesen Kurs an der Alten Donau einstimmen können, die bei ihrer ersten Steuererfahrung bei einer Regatta sicherlich erfreut über diese Ermutigung war.
Nach einem frühen Aufbruch im Verein war der erste Doppelvierer Masters C schon im Ziel, als ich bei unseren Gastgebern für diesen Tag, den Friesen, ankam. Birgit, Nadja, Eszther und Eva hatten die Strecke dank der Steuerkünste unserer höchstpersönlichen Präsidentin zwischenfallsfrei absolviert, und das trotz der berüchtigten Autodromkurve, einer engen Wende um zwei Bojen Richtung WRC Pirat. Victoria und ich waren indessen durch das Wetter nicht unbedingt optimistisch gestimmt. Wenn einem die Böen beim Aufriggern schon fast die 13er-Schlüssel aus den Händen reißen, hält sich das Rudervergnügen meist in Grenzen. Zum Glück hat man zum Nachdenken aber kaum Zeit, denn unser Rennen, in dem auch Eszther und Richard mixed antraten, näherte sich ganz von selbst. Nach einigen durchwackelten Aufwärmversuchen schon wieder auf glaziale Temperaturen abgekühlt, verzögerte sich der Start um eine gute Viertelstunde. Wind und Adrenalin trieben uns die erste Hälfte der 4 Kilometer langen Strecke in rasanter aber leider vollkommen unrealistischer Schlagzahl hinunter, wobei wir zwei unserer gegnerischen Boote – vor allem die Kombattantinen der LIA – sofort einfingen. Unter die wellenreichen Wässer mischten sich bald aber auch Schreikaskaden unseres Trainers Daniel Ofner, die wir in unserem Enthusiamus fälschlicherweise als Anfeuerungsrufe deuteten, während wir in seliger Ignoranz an den Wendebojen vorbeisegelten. Als wir die gerade noch selbstbewusst vernichteten LIAnesinnen gefühlterweise am Horizont wenden sahen, drehten wir unseren treuen Siegfried durch ein eskimorollenartiges Manöver um. Mit sehr laut ausgestoßenen Schimpfworten versuchten wir die Gegnerinnen noch zu demoralisieren, aber der Abstand hatte sich bereits vergrößert. Mit einem beachtlichen Gegenwind gewann die Alte Donau die Zähigkeit frisch angerührten Betons und meine Bandscheiben wurde bei unserer Aufholjagd einer schweren Prüfung unterzogen. Knapp misslang uns am Ende das Überholmanöver bei unserer ersten gemeinsamen Regatta, aber auch hier blieb aus Zeitgründen die Reflexion aus.
Dass ich seit letztem Jahr auch ein wenig Triathlonerfahrung sammeln durfte, hat sich ausgezahlt – startet man nämlich in zwei Bootsklassen, wie ich und Viktoria dieses Jahr, muss man in einer Geschwindigkeit von einem ins andere wechseln, die einer Wechselzone in nichts nachsteht. Im Doppelrittberger landeten wir also gleich im Vierer, in dem Eva sich ein zweites Mal die Ehre gab, und Yelena ihre noch frischen Beine in Stellung brachte. Nachdem der Wind ein klein wenig nachgelassen hatte, und ein Vierer per definitionem sowieso stabiler ist als ein Zweier, kam mir der zweite Lauf wesentlich stabiler vor als der erste. Trotz konstanter Schlagzahl 31 wendete Eva den Vierer gekonnter als Han Solo in Krieg der Sterne, und auch ich trug mit meinen an Chewbacca erinnernden Atemgeräuschen das meine zur Atmosphäre bei.
Drei der vier Donauhort-Boote gewannen ihre jeweiligen Läufe, auch wenn ich zugeben muss, dass es bei unserem Zweier vor allem der Tatsache geschuldet war, dass wir der einzige Masters-A Doppelzweier waren. In der Bierseligkeit der von den Argonauten organisierten Afterparty wird auch das verschmerzbar. Die Zeit nach einer Regatta ist zudem der richtige Augenblick für neue Versprechen – dass wir nämlich bei unserem nächsten Wettkampf, der Vienna International Regatta, ganz ohne Wende gewinnen werden, so viel steht jetzt schon fest.
Raphaela